Indexing in den Naturwissenwissenschaften IX: kontrollierte Vokabulare

In den Naturwissenschaften spielen kontrollierte Vokabulare eine entscheidende Rolle. Es ist aber nicht so, dass man als Indexer einfach eine anerkannte Liste von Begriffen (wie das Physics and Astronomy Classification Scheme, PACS) hernehmen und „auf einen Text anwenden“ kann. Vielmehr sollte jeder Indexer das Vokabular in seinem Kopf haben. Es geht um einige tausend Begriffe – und das ist nicht viel! –, und zwar jeweils in englischer und in deutscher Sprache, die man im Laufe seines Studiums kennenlernt. Das Schöne bei der Arbeit als Indexer ist, dass man – im Unterschied zu den meisten Kolleginnen und Kollegen, die in der Industrie arbeiten – mit dem vollen Spektrum der Themen des jeweiligen studierten Fachs (Physik, Chemie, Biologie) zu tun hat und nicht nur mit einem winzigen Aussschnitt.

Natürlich sind publizierte kontrollierte Vokabulare (wie das erwähnte PACS) eine Hilfe für jeden Indexer. Solche Vokabulare können alphabetisch oder hierarchisch geordnet sein. Aus meiner Erfahrung sind v. a. hierarchisch geordnete kontrollierte Vokabulare – Ontologien oder Taxonomien – hilfreich, denn als Indexer kennt man üblicherweise den größeren Zusammenhang, in dem ein Begriff eingebettet ist (z. B. ein Gebiet der Physik), und kann daher schauen, welche anderen Begriffe (etwa Synonyme) es in diesem Zusammenhang gibt. Alphabetisch geordnete Vokabularlistem, wie sie etwa Wörterbücher oder aber andere vorhandene Register bieten, sind mit Vorsicht zu genießen, weil sie beispielsweise hinsichtlich Synonymen nur solche nennen, die der Autor einer solchen Liste zufälligerweise kannte. Hierarchisch geordnete kontrollierte Vokabulare, oft als Thesauri bezeichnet, dagegen werden meistens von Organisationen, z.B. wissenschaftlichen Gesellschaften, Forschungszentren usw., erstellt und sind von daher als onjektiver und seriöser einzustufen.

Viele Index-Anwender (Leser) oder auch Auftraggeber denken, man könne kontrollierte Vokabulare als Konkordanzlisten verwenden und damit ein Register „automatisch“ erzeugen. Das funktioniert aber weder theoretisch (wenn man mal ein bisschen drüber nachdenkt) noch praktisch. Denn herauskommen können dabei immer nur völlig unstrukturierte Wortlisten, deren Nachbearbeitung in Richtung eines wirklichen Index mehr Zeit benötigt als die von vornherein systematisch, vollkommen manuell vorgenommene Registererstellung.

In Chemie und Biologie kommt die Besonderheit hinzu, dass es hier festgelegte Nomenklaturen und/oder Taxonomien gibt. Die darin enthaltenen Begriffe kann man nicht alle kennen, aber ein Indexer sollte wissen, wie sich diese Begriffssysteme nutzen lassen.

Gut wäre es, wenn das verwendete Registerprogramm eine Möglichkeit böte, hierarchisch geordnete kontrollierte Vokabulare direkt zugänglich zu machen, sodass der Registerersteller zusätzlich zu dem, was er sowieso weiß, schnell nachschauen kann, ob er richtig liegt oder oder evtl. ein wichtiges Synonym vergessen hat. Und es ginge nicht nur um das Nachschauen, sondern auch darum, einen gefundenen Begriff auf komfortbale Weise in das gerade bearbeitete Register einzubinden. Diesen integrierten Service bieten die gängigen Registerprogramme (Cindex, Sky, Macrex) leider bisher nicht an. Natürlich können zur Arbeitserleichterung andere vorhandene Register in einem separaten Fenster eines solchen Programms geöffnet und als eine Art „List of Authority“ genutzt werden. Auch Word-, PDF- oder Excel-Datei mit Begriffslisten sind hilfreich. Aus meiner Erfahrung bringt es allerdings meistens mehr, ein oder zwei Bücher zu ähnlichen Themen an der Hand zu haben und sich durch deren Inhaltsverzeichnisse, Texte und Indexe inspirieren zu lassen.

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